Sarah Hablützel und Marko Mijatovic arbeiten seit 2016 als Künstler*innen-Duo im Bereich Video, Performance und Soundinstallation. Ihre jüngsten Recherchen führten sie über die Winterthurer Polizei, die Firma Yourpower für Gewaltpräventionstraining und weitere Expert*innen aus den Bereichen Körpertraining, Psychologie und Traumabehandlung. Daraus entwickelten sie in Zusammenarbeit mit vier Protagonisten*innen in der im Sulzerareal angesiedelten Ausbildungsarena von Yourpower eine Videoarbeit («Survival Mode»), die gleichzeitig die aktuelle Situation der Covid-19 Pandemie nicht unberücksichtigt lassen konnte: ein Schleier aus Misstrauen und Unsicherheit, aus Gefahr und gleichzeitigem Bedürfnis nach Nähe legte sich spürbar auf ihr Vorhaben.
Für den kunstkasten entwickeln Sarah Hablützel und Marko Mijatovic eine Videoinstallation, die auf ihrer bestehenden Auseinandersetzung mit Aspekten der Körpersprache aufbaut und die Einschreibungen gesamtgesellschaftlicher Ereignisse in den individuellen Körper im Zusammenhang der Covid-19 Pandemie untersucht. Dabei interessiert sie einerseits das Verkümmern des sozialen Wesens durch die Isolation und andererseits die diesen Missstand antreibende Angst, vor dem potentiell ‹gefährlichen› Körper des*r Anderen. Als sensorische Wesen sind wir im Stande selektiv wahrzunehmen. Unser Gehirn vermag es, unliebsame Geräusche oder unangenehme Gerüche im Alltag auszublenden. Umgekehrt können wir unsere gesamte Aufmerksam beharrlich auf ein Detail fokussieren – so auch unser Verhalten in der Begegnung mit Anderen. Begegneten wir vor der Pandemie z.B. einer grossen Menschenmenge, griff unsere Aufmerksamkeitsstrategie darauf zurück, diese zu filtern und Teile dezent auszublenden. Begegneten wir einer Person in einem Flur, so liessen wir einen neugierig schweifenden Blick zu. Dieser intuitive Umgang löste sich wie über Nacht in Folge der Pandemie weitestgehend auf und wurde durch ein Bemühen um Kontrollierbarkeit der potentiellen Gefahr ersetzt.
Für die neue Videoarbeit «Shared Set of Concerns», die für den kunstkasten in Kooperation mit den Internationalen Kurzfilmtagen Winterthur entsteht, gilt ihr besonderes Interesse den folgenden zentralen Fragen: Welche Spuren wird diese besondere Zeit der Unsicherheit in uns hinterlassen? Wie wird sich der Umgang miteinander und der Blick aufeinander transformieren?
Die Videos laufen 8–24 Uhr.
Sarah Hablützel (*1986, lebt und arbeitet in Winterthur) studierte Bildende Kunst an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, Medien & Kunst an der Zürcher Hochschule der Künste und Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Bern. Marko Mijatovic (*1987, lebt und arbeitet in Winterthur) studierte Film und Bildende Kunst an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Als Künstler*innen-Duo fokussieren sie im Rahmen ihrer Arbeiten immer wieder Aspekte der Körpersprache, Macht und Ohnmacht. Den einzelnen Körper sowie den Zusammenschluss zum Körper-Kollektiv verstehen sie als Möglichkeits- und Gestaltungsraum. Dabei befragen sie, wie sich Stimme und Körper Einzelner aktivieren, um so potentiell zu Akteur*innen sozialer und damit politischer Veränderung zu werden. Jüngste Ausstellungen: Fokus (2020), Kunst Museum Winterthur, CH; Arbeitsstipendien für bildende Kunst der freien und Hansestadt Hamburg (2020), Sammlung Falckenberg, Hamburg, D; Kasseler Dok Fest (2020), Kassel, D; Framed Bodies // Fluid Imagination (2019), Kunstflecken 2019, Neumünster, D; hallo: Festspiele (2019), Elbphilharmonie, Hamburg, D; It ain‘t much I‘m asking (2019), knoerle&baettig contemporary, Winterthur, CH; European Media Art Festival (2019), Osnabrück, D. Weitere Infos: http://sarahhabluetzel.ch und https://vimeo.com/user8704633
Kuratiert von Julia Wolf